SERBISCH ORTHODOXER JUGENDVEREIN INNSBRUCK

SPOJI

Unternehmer als moderne serbische Wirte

Autoren: Prof. Mrdjan Mladjan, PhD aus Wiesbaden und Dušan Marković, PhD aus Belgrad

„Unser Volk und unser Vaterland bestehen nicht erst seit gestern und die Freiheit, die wir im 19. und 20. Jahrhundert wieder erlangten, führte nicht zur Bildung eines komplett neuen Staates. Ganz im Gegenteil, das war zu einem bedeutenden Teil die Fortsetzung des Staates in dem, schon zur Zeit des heiligen Sava, das Fundament für unsere Kultur, unser Wirtswesen und unsere Gastfreundschaft gelegt wurde…“

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Die Kirche Christi hat gesiegt, sie siegt immer noch und sie wird es weiterhin, bis ans Ende der Zeit. Unser heiliger Bischof Nikolaj Velimirović schrieb einst, dass neue Siege für uns Christen Pflichten sowie Freuden sind. Uns ist also die Möglichkeit gegeben, dass, wenn wir wollen und uns Mühe geben, zu siegen und uns zu freuen, sowie dass solche Siege auch zum Wohle von Leuten anderer Glauben und Herkünfte, mit denen wir zusammen leben, bestimmt sind. Überlegen wir uns deshalb mit welchen Problemen sich unsere Generation herumzuschlagen hat, sodass wir unser Intellekt und unsere Mühen dahingehend lenken, und geben wir alldem noch Ausdauer und brüderlichen Zusammenhalt hinzu, um am Ende mit Gottes Unterstützung sowohl uns als auch andere zu erfreuen.

Seit dem Zerfall der Sowjetunion bis heute fiel die Erhöhung des Reichtums Westeuropas und Nordamerikas den allerreichsten zu. Selten den Eigentümern von Unternehmen, während das Reichtum der Mehrheit der Arbeiter stagnierte. Die gebildeteren oder geschulteren Arbeiter erreichten oft nicht einen größeren Fortschritt als weniger gebildete bzw. geschulte Arbeiter, weil die einen sowie die anderen, durch die Prozesse der Erhöhung des globalen Handels und der Massenmigration, als Konkurrenten Kollegen aus ärmeren Ländern der Welt bekamen, vor allem aus Asien. Zum Beispiel haben heute die Produktionsarbeiter und Ingenieure der europäischen Automobilindustrie Konkurrenten in den neuen Automobilherstellern in ganz Asien was früher nicht der Fall war, und anstatt den alteingeborenen Arbeitern höhere Löhne zu geben, ist es für die Unternehmenseigentümer günstiger neue Immigranten einzustellen die auch mit den bestehenden Löhnen zufrieden sind. Das serbische Volk ist in der Diaspora, in den westlichen Ländern, meistens nicht Eigentümer von Unternehmen sondern arbeitet in verschiedenen Firmen für Gehälter, weshalb es das Schicksal der Mehrheit der Menschen in den Gastgeberländern teilt.

Das serbische Volk lebte auch in den verschiedenen serbischen Gebieten in ganz Ex-Jugoslawien bis zu den Kriegen in den 90er Jahren ärmer als die Mehrheit seiner Landsleute im Ausland. Trotzdem, lebte man in einem Wirtschaftssystem, dass, obwohl es eine Reihe von Fehlern hatte und auf vielen Ungerechtigkeiten während dem Aufbau des kommunistischen Systems errichtet wurde, viele natürliche und wirtschaftliche Ressourcen in staatlicher und sozialer Hand erhalten hatte, was eine Basis für eine schnelle wirtschaftliche Entwicklung zum Nutzen des durchschnittlichen Bürgers darstellen konnte. Durch einen Teilverlust der Souveränität und das Aufdrängen des Neoliberalismus, sowie durch den Prozess der Privatisierung der folgte, erlangten viele Einzelpersonen mit verdächtigem Kapital wichtige wirtschaftliche Ressourcen. Viele Ressourcen wurden zu ausländischem Besitz, wobei ein Großteil der Ressourcen auch veraltete und hinüber war. Deshalb haben heute unsere Landsleute und andere Völker die Teil unseres Herkunftslandes sind oft keine andere Wahl außer für bescheidene Gehälter zu arbeiten die man ihnen anbietet. Zugleich ist die eigenständige Entwicklung industrieller Hi-Tech-Zweige, mit einer teilweisen Ausnahme von IT-Zweigen, begrenzt. Das Unternehmertum und seine Strukturen dienen nicht der Stärkung der nationalen kulturellen Identität, da sie sich zu einem großen Teil in ausländischem Besitz oder im Besitz von Personen mit fragwürdigen Moraleinstellungen befinden. Auf den Gebieten des ehemaligen Jugoslawien, außerhalb der Republik Serbien und der „Srpska“, ist es noch schwieriger, weil dort die serbischen Minderheiten oftmals nicht einmal eine symbolische Unterstützung der Gemeinden oder der Staaten für das Unternehmertum oder Kultur erhalten. In solchen Bedingungen, entscheiden sich wenige für die Elternschaft, viele wandern aus, sodass sich auch Serbien leert und die Existenz des serbischen Volkes gefährdet ist.

Wenn es schon so ist, welche Wege schlagen wir dann für neue Siege ein – im Herkunftsland und in der Diaspora? Wir glauben daran, dass es wichtig ist die Ähnlichkeit zwischen der Situation in der wir uns als Serben im Ausland befinden, wo wir in Ländern leben die andere Völker geschaffen haben, und der Situation in unserem Herkunftsland, wo wir in seinen verschiedenen Gebieten in einem größeren oder kleineren Ausmaß die Macht über das Land unserer Vorfahren verloren haben. Das Verstehen einer solchen Ähnlichkeit wird uns dann als zusätzlicher Grund für eine noch größere Solidarität und Einigkeit zwischen Serben im Ausland und im Herkunftsland Serbien dienen. In dem wir solidarisch und einig sind werden wir es dann leichter haben das Schicksal wieder in unseren eigenen Händen zu halten – durch die gemeinsamen Bemühungen im Unternehmertum, mit dem Ziel unsere eigenen Chefs und Eigentümer zu sein und nicht Angestellte, im Herkunftsland und in der Diaspora, in Dörfern und in Städten, wenn der Herr so will. Gemeinsam mit dem Schicksal unserer Familien, unseres Volkes und unseres Herkunftslandes.

Wir dürfen uns nicht täuschen, dass solch ein Weg vor uns leicht wäre. Das Unternehmertum wurde von Seiten des kommunistischen Systems in unserem Heimatland unterdrückt, also haben wir uns davon auch etwas abgewöhnt. Ins Ausland kamen viele unserer Landsleute ohne ein Eigentum, sodass sie für jemand anders arbeiten mussten, was sich oft aus Not aber auch oft aus Gewohnheit auf die kommende Generation übertragen hat. Sowohl in der Heimat als auch in der Diaspora gibt es diejenigen die es bevorzugen für jemand anders zu arbeiten als für sich selbst. Wir denken, dass uns das nur ein wenig verlangsamen kann, aber wir glauben auch daran dass es uns nicht aufhalten kann unser eigen Schicksal in unsere eigenen Hände nehmen zu können. Im Herkunftsland aber auch im Ausland gibt es Beispiele von zusammenhaltenden und fleißigen Familien und erfolgreichen Unternehmern zu denen wir aufblicken können.

Der Erfolg auf diesem Weg wird auch davon abhängen wie viel Liebe wir gegenüber unseren Nachfahren und unserem Volk haben und wie sehr bereit wir sind uns zu opfern. Sicher ist es komfortabler einen Kredit aufzunehmen um damit ein neues Auto oder teure Möbel zu finanzieren, damit wir unsere Verwandten oder Freunde damit beeindrucken. Aber, wenn wir während einer ganzen Generation etwas bescheidener leben, und dann das Gesparte und eventuelle Darlehen in das Ausrüsten von Geschäften, in Werkzeug und Maschinen, in Land, investieren, werden wir unseren Nachfahren eher ermöglichen auf deren eigenem Hab und Gut zu verweilen und reicher zu sein als sie sonst wären, wenn auch in einem fremden Land. Viele neue Unternehmen schaffen es nicht und so wären auch unsere keine Ausnahme. Es wäre nur wichtig, dass die Unternehmer die es schaffen, dann denen helfen die es nicht geschafft haben: Es gebe dann zwei Möglichkeiten – sie versuchen es noch einmal oder sie arbeiten dann bei den Landsleuten die es geschafft haben.

Stellen wir uns für einen Augenblick vor was dann geschehen könnte. In unseren Firmen, die mit der Zeit wachsen würden, würden wir über die Form der Arbeitszeit entscheiden, über die zwischenmenschlichen Beziehungen, sowie über die gesamte Unternehmenskultur. Inspiriert von der Form der Orthodoxie wie sie uns der heilige Sava hinterlassen hat, würden wir Menschlichkeit und die Sorge um unsere Nächsten auch am Arbeitsplatz pflegen. In Anlehnung an unsere Vorbilder, würden wir in unseren Betrieben keinen Platz für Ausschweifungen und Unehrlichkeit lassen – so würden wir uns aber auch diejenigen die wir einstellen und mit denen wir zusammenarbeiten würden, vor sündigen Taten schützen. In dem wir die Angestellten, Arbeiter und Kunden respektieren, würden wir auch unsere Firmen stärken, denn aus unseren Volksliedern wissen wir, dass Gerechtigkeit sogar Länder und Städte erhält. Mit unserem Fleiß und unserer Innovationsfreude wären alle Länder in denen wir leben reicher, und es wäre zum Nutzen aller Völker mit denen wir zusammen leben. Anerkannte Unternehmer, tüchtige Wirte, wären Vorbilder zur Erziehung unserer zukünftigen Generationen, was uns den Weg zu einer gerechteren und reicheren Zukunft erleichtern würde. So eine Zukunft ist sicherlich ohne Zweifel des Einsatzes wert.

Wenn wir uns einmal der Bedeutung des Unternehmertums für die Zukunft unseres Volkes bewusst sind, wäre es gut nochmals über die verschiedenen Sphären unseres Lebens und unserer Aktivitäten nachzudenken. Eine von ihnen ist die materielle Hilfe für bedürftige Einzelpersonen und Familien, wobei einen Großteil davon gerade unsere Diaspora aufbringt. Die Hilfsorganisationen „Serben für Serben“, und SPOJI als Schwesternorganisation, haben wirklich einen hohen Standard im Rahmen des modernen serbischen Wohltätigkeitswesens gesetzt; beziehend auf die Anzahl und den Umfang ihrer Aktivitäten, so auch auf die Effizienz und Transparenz ihrer Arbeit: Geringe Kosten der Auslieferung der Hilfsgüter und die Klarheit der Belege darüber wo und wem geholfen wurde. Deshalb sind womöglich die Schwestern und Brüder aus diesen Organisationen auch am ehesten aufgefordert sich zu überlegen, außer in die humanitäre Hilfe auch immer mehr Mittel in Entwicklungshilfe zu investieren. Das wäre eine Hilfe die nicht in direkt den Verbrauch gehen würde, sondern wäre zur Stärkung der ruralen Landwirtschaftsbetriebe, Handwerksbetriebe und anderen Unternehmern bestimmt, die in ihren auch kleinen Betrieben in ein paar Jahren diejenigen Nachbarn beschäftigen könnten die heute humanitäre Hilfe benötigen. Entwicklungshilfe wäre vor allem für unsere Landsleute von Bedeutung, die am Balkan außerhalb der Gebiete der Republik Serbien und der „Srpska“ in Bosnien und Herzegowina leben, die nicht selten der staatlichen Subventionen und des Schutzes beraubt werden. Entwicklungshilfe ist natürlich schwieriger zu organisieren als humanitäre Hilfe, da man gerechte Verteilung, Effizienz und Transparenz aufrecht erhalten muss und man zugleich in kompliziertere und langfristigere Beziehungen mit den Hilfsempfängern eingehen muss. Diese Beziehungen würden vielleicht auch Elemente von Darlehen enthalten oder Organisation von Hilfe zur Selbsthilfe oder Bildung von Genossenschaften. Obwohl das nicht leicht ist, glauben wir, dass man mit schrittweisen und vorsichtigen, aber langfristigen Versuchen die passendsten Lösungen zur Entwicklung des Unternehmertums auch in ärmeren Regionen unseres Herkunftslandes, finden kann.

Am Ende ist es auch in Ordnung sich zu fragen wie unsere Erfolgsaussichten, auf dem Weg den wir einschlagen würden, sind. Wir glauben, dass sie hoch sind, gerade deshalb weil dieser Weg kein neuer ist, sondern einer der Jahrhunderte langen Tradition des serbischen Wirtswesens, dem auch unsere Vorfahren folgten, dessen Beispiel und auch heute noch lehrt. Unser Volk und unser Vaterland bestehen nicht erst seit gestern und die Freiheit, die wir im 19. und 20. Jahrhundert wieder erlangten, führte nicht zur Bildung eines komplett neuen Staates. Ganz im Gegenteil, das war zu einem bedeutenden Teil die Fortsetzung des Staates in dem, schon zur Zeit des heiligen Sava, das Fundament für unsere Kultur, unser Wirtswesen und unsere Gastfreundschaft gelegt wurde. Die Flamme unserer Identität hat vom Serbien der Nemanjićs bis zum Serbien der Karadjordjevićs und Petrovićs, über globale Imperien, Unterwerfungen, Schlachten und Volksmigrationen – auch das serbische Wirtswesen mitgetragen: Die Betriebe unserer Klöster, unsere Händler, Handwerker und die Dorfwirte. Inspiriert durch die Leistungen unserer Vorfahren liegt es nun an uns den neuen Siegen und Freuden entgegen zu kommen, in einer brüderlichen Umarmung mit unseren Landsleuten als auch, so sehr das von uns abhängen mag, in Liebe mit allen Völkern mit denen wir in unserem Vaterland sowie im Ausland, in der Diaspora, zusammen leben.

Dieser Text erschien in der Rubrik „Interessant!“ der 10. Ausgabe der Zeitschrift „Spoji!“ die Diana Budisavljević (geb. Obexer) gewidmet war.

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Anmerkung:

Angepasst auf Basis des Textes derselben Autoren, der auf der Konferenz „PRAVOSLÁVIE a SÚČASNOSŤ“ in Organisation der Theologischen orthodoxen Fakultät der Universität in Prešov, in der Slowakei, präsentiert werden soll.